Russland/Mongolei 2019

7. März  (noch 41 Tage)


Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Die Formalitäten sind erledigt. 

Das Visum ist ohne Probleme erteilt worden. Die Papiere für mein Motorrad und die internationale Fahrerlaubnis haben keinen Aufwand bedeutet. Schwieriger war schon eine Versicherung zu finden, welche hinter dem Ural gilt. Nach suchen ist auch das gelungen.

Nun muss jede Menge russisch gelernt werden um als freundlicher Reisender zu gelten und nicht zu verhungern. Das ist das Problem!

Die Tage bis zur Abfahrt werden weniger und mein Sprachtalent ist echt begrenzt. Also fang ich mal mit "bitte,danke,ja und nein" an.

Da meine Reise auch in die Mongolei gehen soll, sind Impfungen unerläßlich. Deshalb: Spritzen im Wochentakt. Noch gehts mir gut. :-))

11. März  (noch 37 Tage)


Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren.

Jetzt gehts ans Bike. Meine Maschine wird einem gründlichen Check unterzogen. Für die ersten 8000 Km fahre ich mit Strassenreifen. In Krasnojarsk sollen dann die Stollenreifen aufgezogen werden. Eine Vorbereitung für die folgende Fahrt in der Mongolei. Bei Probefahrten hat sich die geplante Ausrüstung noch verändert. Erster Schritt: es war viel zu viel. Nach dem "Abspecken" zeigt sich, es sollte für die meisten Fälle reichen. Unverhofft kommt sicher eine ganze Menge, auf die man sich nicht vorbereiten kann.

14.März  (noch 34 Tage)


.Die Injektionen gegen Hepatitis, Cholera, Tollwut, Typhus, Meningokokken und FSME zeigen ihre Wirkung. So eine "Chemotherapie" ist doch etwas spürbarer als ich glaubte. Aber lieber jetzt down als auf der Fahrt. Am Bike gibts noch kleine Ergänzungen. So wird grade eine Halterung für das Sturzbügelsystem gefertigt, wo meine Seitentaschen für den "schnellen Zugriff" befestigt werden sollen. Im Bild gut zu erkennen. Leider ist es mir noch nicht gelungen eine Karte von Russland, der Mongolei und Kasachstan auf mein NAVI zu bringen.  Ich arbeite daran und werde berichten.

24. März  (noch 24 Tage)


Wer den Blick hebt, sieht keine Grenzen mehr!


So langsam kommt doch ein Gefühl der Unruhe auf. 

Meine Wetterapp, die Landkartenapp und  Webcams sind in ständigem Einsatz. Hier kommt der Frühling. Fahr ich in den Winter? Ist die geplante Ausrüstung die Richtige?

Sind 10 Wochen ohne persönlichen Austausch nicht zu lang. Kommt "Heimweh" auf? Sicher werden es zwei Reisen werden. Eine touristische und eine persönliche. Dank der "Spritzenkur" bin ich wenigstens gegen die ortsüblichen Krankheiten gewappnet. Für Emotionen gibts wohl kein Kraut. ;-)


ps ich musste feststellen mein Navi und ich haben eine Gemeinsamkeit: wir verstehen beide kein russisch- arbeiten aber daran

25.März  (noch 23 Tage)


Die Seitentaschen sind angebracht. Die selbstgeplante, abnehmbare Befestigung erfüllt ihren Dienst hervorragend. Platz für Warnweste, Regenanzug und Kochgeschirr. Eben alles was man so kurzfristig mal braucht. Ein positiver Nebenbeieffekt ist der Windschutz für die Knie. 

Die Route für die ersten Tage verfeinert sich. (Die Abschnitte werden allerdings auch immer kürzer.)

Aber so ist das mit der Planung: das einzige Beständige ist die Unbeständigkeit. Der größte Faktor, die unplanbaren Ereignisse, hat noch garnicht zugeschlagen.


Mein Navi weigert sich immernoch erfolgreich die Karte von Russland zu lernen. Lehrer ist echt kein Job für mich!

3. April (noch 15 Tage)


Damit ich meine Eindrücke und Erlebnisse "einfrieren" kann, warten nun ca. 600 GB Speicher auf ihren Dienst. Aber selbst 5 TB würden wohl nicht reichen um die Emotionen zu erfassen. Diese werde ich wohl nicht in Bits und Bytes bannen können. Dabei sind eine GOPRO für die bewegten Bilder, eine SLR für den "schönen Moment" und eine Mittelformatkamera für die geplanten Prints. Ein Handy für diese Seite ist sowieso am Mann.


Meine Spritzenkur (s. 14.03.) ist bald geschafft. Nun dachte ich es gibt nichts mehr, was meinen Körper gefährlich werden könnte. Aber seit heute habe ich einen schnöden grippalen Infekt in mir. So kommt`s halt manchmal.


ps einen so bockigen Schüler wie mein Navi habe ich noch nie gesehen. Hinter Lettland beginnt das Terra inkognita. Irgendwie fühle ich mich wie CHRISTOPH Columbus ;)

7. April (noch 11 Tage) 


Die Zeit bis zur Abfahrt wird immer kürzer, es ist also höchste Zeit die Ausrüstung praktisch zu testen. Schwerpunkt der heutigen Tests war die Kommunikation und Elektronik wie HeadSet, Telefon, Musik und Fahrwerkseinstellungen. Durch Zufall gab es schon einen kleinen Einblick in die zu erwartende Reise. Es war zwar nicht die Moskva, Angara, Jenessey oder der Don, aber immerhin die Weser in der Abendstimmung

Nach dem Grenzübertritt in Russland werde ich mir Karten kaufen, da mein Navigationssystem sich partout weigert russisch zu lernen. 

12. April ( noch 5 Tage)


Gefühlt wird die Zeit immer schneller, je näher die Abfahrt rückt. In Wahrheit kommt nur zu Tage, dass ich viel zu spät mit den Vorbereitungen angefangen habe. Der technischen Ausrüstung und deren Prüfung hätte ich mehr Raum geben sollen.

Erste Testfahrt mit dem zur Verfügung gestellten Reifen (die neuen Michelin Anakee Adventure) im Gelände sind gut verlaufen. Auf diesen Sohlen soll´s bis an den Baikal gehen. Es wird mich überwiegend Strasse tragen. Ich hoffe nur die Reifen spüren sie.

Alle Flüssigkeiten und Verschleißteile sind gewechselt. Brems-, Kühlflüssigkeit, Motor-, Getriebe- und Kardanöl, Bremsscheiben und Klötze. Die 4 Zündkerzen und Ventielspiele ausgetauscht bzw. eingestellt. Weiter gehts mit Zelt, Schlafsack und Kocher.


ps Mein russisch ist mit 20 Vokabeln inzwischen besser als das vom NAVI. Das begreift es einfach nicht. :(

16. April (noch 2 Tage)


Kennt ihr das?

Wenn man zu Weihnachten darauf wartet ins geschmückte Zimmer zu dürfen ist der letzte Moment, kurz davor,  ganz still. So komm ich mir auch vor. Alles ist gepackt. Alles geprüft. Die ersten Kilometer sind im Navi eingegeben.  Nun muss es nur noch soweit sein. Der Flur, auf dem alles zum einpacken lag, ist nun leer. Die Maschine wartet vollgetankt in der Garage. 

Freunde und Kollegen verabschieden sich mehr und mehr. "Pass auf, fahr vorsichtig,........". Irgendwie glaube ich öfter auch ein wenig Sehnsucht rauszuhören. Mir wird bewusst, dass ich diese Reise wirklich will. Wer eine objektivere Weltanschauung haben möchte, sollte sich die Welt anschauen. Den Start der Reise werde ich für mich genießen und erst etwas später in diesen Blog schreiben. Schon jetzt bitte ich um Nachsicht.


ps mein Navi hat das Klassenziel im Fach russisch nicht erreicht :((( Dank hilfreicher Tipps von erfahrenen Bikern habe ich nun eine APP geladen, bei der es kein Problem war, Russland zu integrieren.

Tag 1 KM 0

Jetzt ist es soweit. Das Abenteuer beginnt. Frei nach Peter Maffay: 2 Zylinder voll Adrenalin, 100 Pferde stürmen mit mir durchs Morgengrau.

Tag 2   Km 1094 


Über die Schorfheide, Stettin, Bydgoszsz und Allenstein gings bis nach Masuren.

Nach einer eher kühlen Nachtfahrt von bis zu 2 Grad, bin ich über Oder und Weichsel gekommen.

Polen ist wohl die größte Infrastrukturbaustelle Europas. Soviele Staus, Umleitungen und Verkehrsbehinderungen gibt es nicht mal in Deutschland. Was fertig ist, kann sich aber sehen lassen. Meine Hoffnung nach günstigem Benzin hat sich leider nicht eingestellt.


Hier ist die Suche nach einem Schlafplatz kein Problem. Wunderschöne, einsame Seen gibt es hier jede Menge. Links oder rechts ab von der Strasse und schon gefunden (s. o.). Touristen sieht man nur sehr wenige.

Die Natur macht hier irgendwie einen unberührten Eindruck. In der Galerie gibts ein paar Bilder.

Was ich bei meinen Planungen völlig falsch eingeschätzt habe ist die Zeitverschiebung. Hier ist es doch verdammt früh dunkel. Damit verkürzt sich die Tagesfahrzeit locker um eine Stunde. Auf der Hinfahrt wird das wohl, jeweils kurz vor der nächsten Zeitzone, öfter so kommen. Zurück gibts dann längere Fahrten.

Tag 3+4 Km 1899


In Masuren bin ich um 6.oo Uhr gestartet. Lettland und Littauen sind kleine Länder. Es ging von Nikolaiken nach Zilupe bis an die Grenze. Hier hat es von ca. 15.oo bis 4Uhr in der Früh gedauert, um die Grenze zu passieren. Es war sehr kalt und ich beneidete die Autofahrer in ihren bequemen Sitzen und ihrer Wärme des Autos. Das war die gute Nachricht. Die schlechte, Reifen darf man nach Russland nicht einführen. (Begründung: Umweltschutz). Reifen braucht man hier sicher öfter bei den langen Strecken in diesem riesigen Land. Mit der „Vereinbarung“ die abgefahrenen Pneus wieder mitzunehmen, hat es dann geklappt.

Nach der „durchgemachten“ Nacht bin ich total kaputt in ein  recht ordentliches Hotelzimmer gefallen. (Übernachtungskosten: 100Rubel beim Wechselkurs 1€=74 Rubel).

Nun, am Morgen, 400 Km vor Moskau beneide ich die Autofahrer nicht mehr. Das Foto zeigt den Sonnenaufgang nach dem Regen. Wenn das hier das dichtbesiedelte Gebiet von Russland ist, werde ich wohl hinter dem Ural überhaupt keine Menschen mehr sehen. Auf meine Frage wo die nächste Tankstelle ist gab es zur Antwort im nächsten Ort. Dann folgten ca. 50 Km nur dichter Wald. Kein Haus, kein Weg der abging. Nichts außer dunkler Wald. Auf der gasamten Streck kam mir kein Auto entgegen. Nur feuchte, schwarze Einsamkeit.

Alle Menschen, welche ich getroffen habe, sind sehr freundlich und hilfsbereit. (Tankstellen- und Hotelsuche).

Tag 5 Km 3002


Frohe Ostern.

Es ist hier doch deutlich kälter als gedacht. Am Tag so um 8 Grad. Nachts sind es 0-1 Grad. Die Natur ist locker 4 Wochen zurück. Mein Traum von einer Fahrt durch frisches Birkengrün in der russischen Weite wird wohl nichts. Dafür ist ein erstes Ziel erreicht. Auf Achse bis nach Moskau. Mit ein wenig „reden“ durfte ich für ein Bild mit dem Bike kurz mal auf den Roten Platz fahren. Sonst ist er gesperrt.

Moskau ist eine Metropole der Superlative. Über 12 Millionen Menschen leben hier. Die Stadt umgibt 3 Autobahn-Ringe. Der äußerste hat einen Durchmesser von 200(!) Km. Das fahren geht hier besser als gedacht. Die Videos bei Youtube über russische Fahrweise kann ich bis jetzt nicht bestätigen. Extrem ist die Luft. Die muss man erstmal kauen, bevor man sie atmen kann. Richtig krass wird es als Biker, wenn man durch einen Tunnel von 5 Km Länge -staut- .Das entsprach zirka einer Stange Zigaretten.

Bevor der Berufsverkehr beginnt muss ich wieder raus sein. Bei der Einfahrt gegen 23.oo Uhr gab es Stau von 3-5 Km. Alles in allem eine sehr saubere und teure Stadt, welche keinen Vergleich mit anderen Hauptstädten zu scheuen braucht. Episode am Rande: in der ganzen Innenstadt gibt es WLan! 

Tag 6 Km 3002


Ja, richtig gelesen. Heute bin ich nicht gefahren. Heute musste ich meine Knochen richten. Dafür hab ich in Nischni Nowgorod halt gemacht. Diese Stadt hat mehr Einwohner als Mecklenburg-Vorpommern. Mehrere Universitäten bringen viele junge Menschen in die Stadt dadurch ist Englisch hier kein Problem. Ein wenig spürt man noch die Zeit, als mit der Hanse Geschäfte gemacht wurden. Pelze und Edelsteine wechselten hier ihren Besitzer zu den Händlern auf ihrem Weg nach Westeuropa den Besitzer. Bis 1990 war diese Stadt für Ausländer wegen Rüstungsbetrieben gesperrt. Heute, nach der Fussball WM ist sie weltoffen.

Mit viel Mühe wird die Stadt wieder renoviert. Das wohl beeindruckenste an  der Stadt ist die Wolga. Ein gigantischer Strom, welcher hier ca. 1,5 Km breit ist. Zudem kommt hier auch noch die Oka hinzu. Diese ist ungefähr so breit wie der Rhein.

Sanktionen spürt man als Tourist nicht. Die Geschäfte sind knall voll. Meine Coca Cola Zero Versorgung ist jedenfalls gesichert. (Zigaretten aller Marken auch ;) ) Das iPhone X von Apple ist hier der Verkaufsschlager. Ebenfalls im Mediamarkt(!) habe ich für 450 Rubel eine SIMcard erworben. Damit kann ich 3 Monate ohne Limit ins Internet.

Wahrscheinlich musste die hiesege Telefongesellschaft nicht Milliarden für Lizenzen beim Staat ersteigern. ;)

Was auffällt sind Männer die wohl keine Beschäftigung haben. Sie stehen an jeder Ecke und tun irgendwie nichts. Mir aber auch nicht.

Mein Standartparkplatz sind die videoüberwachten Banken. Geht ganz gut bis jetzt.

Bilder gibts wie immer in der Galerie.

Tag 7 Km 3414


Hinter Nischni Nowgorod gings im Morgentau los.

Um 4.oo Uhr geht die Sonne auf. Ziel war die Millionenstadt Kasan. Eine alte, ehrwürdige Stadt mit ihrem Kremel, wie wohl alle Städte hier. Auffällig ist das Miteinander von Kirchen und Moscheen. Kasan ist sehr modern und hat ihren jetzigen Wohlstand auch durch die Fußball WM erreicht. Darüber hinaus 

sind alle Städte auffallend sauber. Was man von den Dörfern wirklich nicht sagen kann. Bevor ich aber in Kasan ankam wurde es turbulent. Um alles zu sehen bin ich heute eine „ Abkürzung“ gefahren. Nach dem Weg gefragt, sagte man mir: "Man kann, aber man muss nicht". Ungefähr 50 Km durch die Steppe in gehörigem Abstand zur Wolga. Platt, staubig und extrem windig. Die Straße war ein Sandweg. (ein Vorgeschmack auf die Mongolei)

Am Ende kam aber die Belohnung. Auf kürzestem Weg zur Grenze ins Land der Tataren.

Da hier noch Schnee liegt, fahre ich erst über die Mongolei. Von hier sind das noch 3374 Km bis zur Grenze in Kosch Agatsch. Also Halbzeit von Göttingen kommend. 

Bilder in der Galerie. 

Tag 8 Km 4204


Ab jetzt interkontinental!


Wenn man Nachts durchfährt, hat man mehr vom Tag. ;)

Von Kasan gings gleich weiter in die Millionenstadt Ufa. Nichts erstaunliches, nur ein dringend benötigtes Kabel gab es. Ansonsten sollte es in den und über den Ural hinweggehen. Die Berge sind nicht so gewaltig wie erwartet. Es erinnerte mich an den Thüringer Wald. Der höchste Punkt der Strasse war 801 m hoch, jedoch kalt wie in 5000 Metern. Bei 1 Grad, straffen Wind und Schneefall war es auf der extrem befahrenen Passstraße nicht wirklich angenehm. An der Europäisch-Asiatischen „Grenze“ war es im Windschatten der Berge ein völlig anderes Wetter.

Weiter nach Cheljabinsk. (auch eine Millionenstadt)

Bei frischen 4 Grad frag ich mich, wieso ein Kamel das Wappentier ist?

Die Bilder zeigen die Lösung der Essensfrage. Rustikal zubereitet, aber sehr gut.

Die Qualität der Strassen lässt schwer nach. Der kreative Fahrstil der Russen nimmt stark zu. Aber man gewöhnt sich dran. Im Gopro-Film gibts später ganz nette Episoden. Versprochen!

Die Strecke durch die Steppe war für den einen Simmerring doch zuviel. Somit werde ich morgen den Service von BMW-International testen. Mal sehen, was dabei herauskommt.

Tag 9 Km 4926


Heute war Fahrtag! Von Cheljabinsk in Richtung Omsk. Alles Millionenstädte. Es ging komplett durch die Steppe, endlos scheinende Weiten. Die Straßen schnurgerade. Tempomat, Spotify und Griffheizung sind hier Pflicht! Es ist mit 1-3 Grad bei 100 Km/h auf 700 Km schon frisch irgendwann. Dennoch ist das eine besondere Erfahrung. Man bekommt ein anderes Verhältnis zur Größe des Landes. Beim fliegen ist die Relation so verschoben. Die Menschen ändern sich im Aussehen, freundlich sind sie aber ebenfalls. Die Strassen sind jetzt nicht mehr bedenklich, sie sind bedrohlich. Schlaglöcher von 30 cm Tiefe und einem Meter Durchmesser sind schon krass, wenn man relativ dicht mit 80 hinter einem LKW herfährt, welcher das Schlagloch zwischen die Rädern nimmt. 

Inzwischen bin ich 5 Stunden voraus. Die nächste BMW Werkstatt ist in Nowosibirsk. (845Km) Ich muss da mal hin. ;)

Bilder wie immer in der Galerie.

Tag 10 Km 5648


Sibirien im Winter

Ein langer Tag geht zu ende. Von kurz vor Omsk ging es über Kurgan nach Nowosibirsk. Der „Sibirienhighway“ ist eher ein endloser Damm, als ein richtiger Highway. Rechts und links nur Sumpfige Wiesen mit schier endlosen Birkenwäldern. Zelten ist hier nicht möglich. 

Die Dimensionen sind krass. Wenn auf dem Handynavi steht: nächste Kreuzung in 472 Km, dann ist man in Russland. Das Wetter hat zu keiner Stadtbesichtigung eingeladen. Es ist Winter in Sibirien. Der Start war noch sehr vielversprechend (Bild). Ein wunderschöner, dramatischer Sonnenaufgang, doch dann schneite es den ganzen Tag. Das fahren war nicht wirklich lustig. Bei 2 Grad unter Null wurde es stellenweise etwas „mobil“.

Ich habe mich dann entschlossen nicht zu halten sondern nach Nowosibirsk durch zu fahren. Die Stadt ist für ihre Sehenswürdigkeiten bekannt. Diese werde ich morgen besichtigen. Außerdem ist die BMW Werkstatt hier. Mal sehen wie es klappt.

Tag 11 Km 6211


In Nowosibirsk begann der Tag (Ostersonntag!) bei BMW. Da an Feiertagen kein Service gestellt wird, wird schon mal für einen deutschen Reisenden ein Werkstattmeister von zu Hause geholt! Wohl einmalig.

Alles fertig zur Weiterreise in die Mongolei.


Nach dem bezahlen an der Tankstelle hat mir ein Unbekannter ein „Osternest“ aufs Motorrad gestellt.

Das typische russische Osterbrot war auch dabei. Wie hier, bekam ich etliche Geschenke mit für die Reise. Der Preis gering, der Wert unbezahlbar! Es ist wirklich ein sehr gastfreundliches Land. 

Die Landbevölkerung lebt doch deutlich einfacher als die Menschen in der Stadt. In den abgelegenen Orten ist die Zeit vor gefühlt hundert Jahren stehengeblieben, so scheint es.

In Barnaul am Ob war der Besuch der legendären Bikerbar pflicht. Hatte aber zu der Zeit leider zu.

Morgen folgt der letzte Bericht aus dem Altai Gebirge. Dann kommt die „rückseite Seite des Mondes“. Weiter geht es erst, wenn ich den Wiedereintritt in die russische Athmosphäre erreicht habe.

Tag 12 Km 6712


Nach einer durchzechten Nacht mit zwei Feuerwehrleuten in Biysk ging es mir am Morgen erstaunlich gut. Merke: eine einmal geöffnete Flasche Wodka ist nicht mehr zu schließen. 

Vor mir lag nun das Altaigebirge. Nach dem Steppenkilometerfressen der letzten Tage war das sehr erholsam, mal eine Kurve zu fahren. Und das bergauf und bergab. Was dann aber kam hat mich völlig umgehauen. Das Altaigebirge ist fantastisch. So eine Landschaft habe ich noch nie gesehen. Riesengroß. Wunderschön. Bislang waren meine Favoriten mit dem Motorrad die Küstenstrassen in Kroatien und die italienischen Pässe mit ihren Serpentienen. Doch heute wurde es anders. Acht (!) Stunden auf allerbester Strasse nur Kurvenfliegen. Es war unbeschreiblich. Die Bilder können nicht andeutungsweise wiederspiegeln wie gewaltig die Ausmaße wirklich sind. Die höchsten Berge sind über 4500 m hoch. Nun, in Kosch Agatsch angekommen, bin ich auf 1600m höhe. Vor mir liegt eine endlose Ebene, in der sich die Grenze zur Mongolei befindet. Da muss ich bis 18.00 Uhr rüber sein. Dann wird sie für 5 Tage geschlossen sein. Es sind Feiertage in Russland.  Also ab morgen erstmal Pause.

Immer wieder mal reinschauen, vielleicht gibts ja WLan, sodass ich was hochladen kann. Spätesten wieder in Russland gehts weiter. Bis dahin Euch eine gute Zeit.

Tag 13 Km 6892


Ziel 2 Erreicht!

Nach einer super Fahrt duch das Altaigebirge bin ich nun in der Mongolei. Nach der Grenzkontrolle in 2402 m (!) Höhe, ging das Abenteuer schnell los. Die Straße wurde ab der Grenze zu einem Waschbrett. Fahren kann man das nicht mehr nennen.  Die Landschaft kann kein Fotoapparat einfangen. Es ist unendlich. Unendlich schön. Gefahren wird neben der Strasse. Platz ist ja genug da. Bis nach Ulanbator sind es noch 1900 Km. Das wird dauern. Durchschnittsgeschwindigeit liegt bei 40Km/h. Mehr geht in dem Sand nicht. 

Der Sand: überall und durch einen scharfen Wind permanent zu spüren. In Omsk hatte ich Schnee, hier 23 Grad und Sonne. Nur das Visier kann man nicht aufmachen. Das verhindert der Sandsturm.

Heute wird in einer Jurte übernachtet. Für die erste Nacht in der Mongolei zünftig. Ist ja auch ein Zelt;)

An die „Sanitäreinrichtungen“ muss ich mich erst noch gewöhnen:(

Tag 14 Km 6894


Es kommt erstens anders und zweitens als man denkt!

Eigentlich wollte ich heute sehr früh einen längeren Weg starten. Um 5 Uhr bin ich aufgebrochen. Um 5.10 Uhr war die Fahrt zu Ende. Ein Schlagbaum stoppte mein Handeln. Das Gebiet in dem ich bin, ist unter Quarantäne gestellt worden. Wildtiere haben zwei Personen gebissen, die beide verstarben. Jetzt geht hier nichts mehr. Alle Strassen gesperrt. Erstaunlich ist trotz der schwierigen Lage, das Interesse an meinem Motorrad. ;) 

Laut Polizei wird sich morgen Mittag zeigen ob die Gegend für 3 oder 21 Tage (!) gesperrt wird. Wie das dann werden soll wird sich zeigen.

Alle Ausländer: Schweizer, Niederländer, Russen und ich sind im selben Hotel für zunächst 3 Tage untergekommen. Ein bisschen wie beim Orientexpress. Wir sitzen in der Lobby und warten, mit Bier auf eine gute Nachricht. Der multikulturelle Galgenhumor ist wirklich lustig. Der Ort, ein 5000 Seelendorf, gibt nichts her. Da aber alle Weitreisende sind, wechseln viele Erlebnisse die Runde. Viel zu lachen und manchmal auch zum nachdenken. Wenn man aus einem Land kommt, indem die Klospühlung mit Trinkwasser betrieben wird.

Tag 15 Km 6894


Es ist doch noch anders als bisher bekannt geworden. Der Grund der Quarantäne ist nicht der Biss von Wildtieren sondern der Verdacht auf Ausbruch der Pest. Nach meinem Kontakt mit der deutschen Botschaft in Ulan Bator gibt es nun nichts zu tun, als zu warten. Sollte sich der Verdacht bestätigen, wird mein Aufenthalt hier deutlich länger. Bislang verband ich die Pest immer mit dem Mittelalter. 

Zu uns ins Hotel gesellten sich noch ein Schwede und zwei Amerikaner, welche vorher privat gewohnt hatten. Für Abwechslung ist also  gesorgt. Statt fahren, fotografieren und genießen ist nun der Gang zum Kriesenstab angesagt. Zum Glück wird die Sache sehr ernst genommen. Die Nationalgarde übernahm die Kontrolle aller Ortsausgänge. Die Botschaft erbat Informationen zur Lage von mir. Nun bin ich sogar im diplomatischem Auftrag hier. :)))

Gegen alles erdenkliche hab ich Impfungen, gegen die Pest gibts keinen Impfstoff. Aber meinen „schwarzer Tod“ werden wohl eher die mongolischen Zigaretten verursachen.

Tag 16 Km 6896


Der neue Tag war wie der gestrige. Die Quarantäne liegt wie Blei über der Stadt. Ein eigentümliches Ruhen bestimmt alles. Unser „Qurantine Squad“ spielt langsam einen Tagesrythmus ein. Heut bin ich erlaubte 2 Km zum Hasusberg hinauf gefahren. Ich musste einfach mal das Gefühl des Motors spüren. ;) Mit der Zeit zeigen sich die verschiedenen Talente. Unser Schwede komponiert mit seiner Ukulelle Lieder über seine Erlebnisse der bisherigen Reise. Der russische Freund bereichert die Unterhaltung mit besonders schönen Fotos. Und die Frauen zeigen den Einwohnern der Stadt auf dem Parkplatz vor dem Hotel Yogaübungen. Trotz des Nichtstuns ist man müde und irgendwie gelähmt. Durch das WLan ist der Kontakt zur Aussenwelt nicht abgerissen. Der Widerspruch macht die Situation so unwirklich. Man schaut deutsche Filme im Handy und sieht beim Hochschauen die weiten Berge und den tiefblauen Himmel. Die Sekunden vergehen wie fließender Honig. Noch nie hab ich so sehr auf einen Montagmorgen gewartet.

Hier noch eine paar Meldungen zur aktuellen Lage:


https://www.thesun.co.uk/news/8994626/bubonic-plague-fears-infected-plane/


https://siberiantimes.com/other/others/news/alert-on-russian-border-with-mongolia-after-two-deaths-from-bubonic-plague/

Tag 17 Km 6896


Es geht weiter, das Warten. Inzwischen wird dieser Fall international bekannt. Mit unserem „Nichtstun“ haben wir es in die Abendnachrichten des Russischen Fernsehens geschafft. Wir sind nicht vergessen! ;)

Morgen, Sonntag, soll eine Entscheidung fallen. Wenn es keine weiteren Fälle gibt, ist die Quarantäne am Montag aufgehoben. Dann sind es nur noch 3100 Km bis zu meinem Ziel, dem Baikalsee. Egal wie es kommt, ich pack mein Bike und bin ab morgen um 15. oo Uhr Ortszeit fahrbereit. Mit meinen Lenzen bin ich deutlich der Älteste. Was dazu führte, dass ich als Vater von zwei anderen gehalten wurde. Das brachte mir den Spitznamen „Papa Pep“ ein. Wohl meinem Colakonsum geschuldet.

Wenn auch die Zeit für alle etwas belastend ist und war und man schon ein komisches Gefühl hat, so war das Kennenlernen so vieler unterschiedlicher Menschen aus unterschiedlichsten Kulturkreisen sehr interessant, freundlich und von großer Gemeinsamkeit getragen. In den Tagen habe ich  junge, neue Freunde gefunden.

Mir ist niemals Beethoven’s Ode an die Freude so praktisch begegnet wie in diesem Hotel am „Ende“ der Welt.


„Deine Zauber binden wieder

Was die Mode streng geteilt;

Alle Menschen werden Brüder,

Wo dein sanfter Flügel weilt.“

Tag 18 Km 6896

Im Osten nichts neues.

Tag 19 Km 6896


Es ist soweit. Die Quarantäne wurde aufgehoben. Morgen früh soll nun verwirklicht werden, was vor 7 Tagen hätte geschehen sollen. Es geht nochmals um 5 Uhr los. Die Stimmung ist entsprechend gut. Nun werden die Fotos wieder andere Motive haben, endlich.

Jetzt, wo die Wartezeit vorbei ist, schlägt das mediale Interesse deutlich zu. Dänische und schweizer Radiostationen führen Interviews mit uns. Selbst die "Bild" hat nun einen Beitrag. Auch, wenn es vorbei ist.

Aber hier gilt: Abfahrt!

Tag 20 Km 7553


Die Reise geht weiter. Im Morgengrauen führte die Fahrt über die kalten Pässe der Westmongolei. Die Seen waren zum Teil noch zugefrohren. Ein Offroadstück von ca. 70 Km hat die Fahrzeit zwar verlängert, war aber ein besonderer Höhepunkt der Reise. Auf 2500m Höhe und bei klarer Sicht hatte man einen unglaublichen Blick in die Ferne. Nach der wunderschönen Morgenfahrt ging die Landschaft in „ewige“ Steppe über. 

Endlose Kilometer auf perfekt ausgebauter Strasse. Auffallend viele tote Kälber lagen in der Nähe der Strasse. Der Winter und die karge Kost waren wohl doch zu viel. Völlig allein flog ich über die Weiten der mongolischen Steppe. Kamele kreuzten meinen Weg. Gelegentliche Regenschauer sorgten für Abweschlung. Bis, ja bis die Fahrt abrupt beendet wurde. Eine Brücke hat das Tauwasser nicht verkraftet. Zurück hätte 200Km bedeutet. Nach Fragen bei den Einheimischen hat sich ein Weg gefunden. Somit bin ich doch gut und voll beladen mit neuen Eindrücken heute am Ziel angekommen.

Tag 21 Km 8002


Pausen waren heute häufiger.


Wenn man als Kind Achterbahn fährt, dann dreht sich einem der Magen. Für Zuschauer ist das nur ein Spaß. So ging es mir heute auch. 

Es standen auch über 150  Km Offroadstrecke auf dem Plan. Mehr als 12 Stunden habe ich dafür gebraucht. Es kam alles vor, von Sand über Geröll bis hin zu knackige Steigungen und Wasserfurten alles war dabei. Das ein oder andere mal habe ich schon Fracksausen bekommen. 

Dennoch einmal losgefahren, war die Entscheidung nicht mehr zu revidieren. Damit zu leben, wurde mir heute deutlich gelehrt.

In einem völlig einsamen Dorf ohne feste Zuwegung, ist die Aufnahme mit dem Häusschen hinter meinem Bike entstanden. Das ist der „Supermarkt“. 

In der Steppe gibt es rituelle Punkte, welche mit blauen Bändern umschlungen werden. Der Sandweg  an meinem Motorrad ist auf meiner Karte eine rote Strasse!

Tage 22   Km 8600


Es hat mich mein  Ziel „Baikalsee“ voll motiviert.

So bin ich von Bajachangor  über Ulanbator und Ulan Ude direkt zum Baikalsee gefahren. Auf dem Weg gabs Offroadwege, da nicht alle Verbingungen asphaltiert sind. 

Kaum wieder feste Strasse unter den Rädern, ging ein ordentlicher Sandsturm los. Der Sand prasselte gegen meinen Helm. Gegen den feinen Sand kann man nicht viel machen.  Ich versuchte die Kameras gut zu schützen.

Nach diesem Erlebnis grüßten mich Adler auf dem Weg nach Norden. Riesige Flugtiere. Auf dem Weg zwischen Ulan Bator und Ulan Ude habe ich meinen östlichsten Punkt der Reise erreicht. Nun gehts zum Hauptziel: dem Baikalsee.

Tag 24 Km  9260


Nach einer kalten und nassen Nachtfahrt ist es geschafft!

Der dick und immer noch zugefrorene Baikalsee liegt unendlich weit vor mir.

Es ist mit -3Grad für einen Biker ziemlich kalt. Aber das passt ja sehr gut zu Sibirien.

Weiter Fotos kann es morgen geben, die ich heute noch aufnehmen werde. 

Weiter Bilder in der Galerie.

Tag 25 Km 10.000 


Ziel 3 die Insel Olchon im Baikalsee


Ab der Mitte des Sees nach Norden hin ist er noch zugefroren. Von Osten kommend, habe ich ihn südlich über Irkutsk umfahren um an mein 3. Ziel zu gelangen. 

Die Schamaneninsel Olchon. Diese liegt ca. 4 Stunden von Irkutsk entfernt. Das Ziel ist genau bei Km 10.000 erreicht.;)

Die Insel ist ca. 70 Km lang und 14 Km breit hier leben etwa 1500 Menschen. Vor der Ostküste, welche eine bis zu 1100m hohe Steilküste hat, ist der tiefste Punkt des Baikalsees mit über 1600m zu finden!

Das Wasser ist extrem klar. Über 7 Meter kann man tief hineinblicken. Es scheint, die Boote schweben im freien Raum. Der Tourismus setzt erst im wärmeren Juni ein. Deshalb ist hier alles noch ganz still und die Restaurants sind völlig leer. Die freundlichen Burjaten, das Volk der hiesigen Gegend, haben viel Zeit sich mit einem zu unterhalten. Die Typische Erstkonversation läuft über das Motorrad. 

Folgende Altersaufteilung habe ich zig mal auf der bisherigen Reise erlebt: bis 30 Jahre: wie schnell fährt Dein Motorrad, von 30-50: wie teuer ist dein Motorrad und ab 50: wie alt bist du?

Da die Insel Olchon ein besonderes Ziel für mich ist, werde ich hier länger verweilen und für diese Zeit keine täglichen Berichte verfassen. Einige Bilder werde ich dennoch in die Galerie stellen. (Ich mach jetzt ein paar Wochen Urlaub ;) )

Das nächste und letzte Ziel wird dann Stankt Petersburg sein. Bis dahin, Euch allen eine gute Zeit!

Letzter Tag Km 18000


Nun musste ich doch kurzfristig zurück fahren. Schnell? Bei 8000 Km? Eine neue Situation zwingt zum Umdenken. Nicht mehr das Erleben des Landes steht im Vordergrund der Reise, sondern der schnelle Weg zurück. 

Sankt Petersburg muss noch auf mich warten. Dieses Ziel habe ich nicht erreicht. Das zu akzeptieren ist aber auch ein Wert meiner Reise. 

Die Bilder zeigen Olchon mit dem Schamanenfelsen und den Gebetspfählen. Der Winter hielt sich noch bis zum Ural, auf europäischer Seite war schon Frühling. Masuren hat mich dann endgültig mit seinen Waldseen wieder an die Heimat erinnert.

Es galt die gegebene Situation als Chance zu begreifen. Also mein neu definiertes Ziel: „Race to Russia“ 8000 Kilometer in 8 Tagen! BMW GS steht ja für Gelände/ STRASSE!

Ein Höllenritt durch die sibirische Steppe, Irkutsk, Omsk, Tscheljabinsk, Kazan, Nowosibirsk, Moskau, Daugavpils, Stettin......... Ziel erreicht!

Die Abenteuer kamen nicht zu kurz. Waldbrand im nächtlichen Russland, Sturz im nächtlichen Wald und Preisschock an der ersten deutschen Tankstelle.

Warum das gleiche Öl (Benzin) hier 300% mehr kostet, bleibt wohl ein Geheimnis unseres Finanzministers. 

Das Ziel ist jedenfalls erreicht! 8 Tage-8000 Km!

Epilog


In Verkennung der Strecken habe ich mir im Januar bereits die Domain: Baikalbiker.de gesichert. Das war im Nachhinein etwas mutig. Ob ich es schaffen würde war nicht abzusehen. Und wirklich waren Momente dabei, wo ich nicht mehr weiterfahren wollte. Steppen und Wüste sind nicht nur wenig abwechlungsreich, sondern zehren auch an den Kräften und Nerven. 

Russland hat sich mir als ein sehr differentes Land gezeigt. Auf der einen Seite sehr modern. Flächendeckendes LTE, überwiegend sehr gute Strassen und Geschäfte mit allem was man benötigt/oder auch nicht und bei uns kennt.

Die Gastfreundschaft ist einfach überragend. Es war nicht möglich am Strassenrand eine Zigarette zu rauchen, ohne von anhaltenden Fahrern gefragt zu werden ob alles OK sei! Ob sie helfen können.

Einladungen (incl. Übernachtung) bei Familien haben mir noch deutlicher gezeigt, wie ehrlich und herzlich dieses Volk ist. 

Die andere Seite ist das sehr begrenzte Verständnis für die Umwelt. Ein derart verantwortungsloses Verhalten ist selbst mir gegen den Strich gegangen, obwohl ich nun wirklich kein Öko bin.

Zu einigen LKW musste ich Abstand halten, da ich sonst die Strasse nicht mehr gesehen hätte. Genau wie die nächtlichen Verbrennungen des Hausmülls.

In der Mongolei beginnt erst das Kohlezeitalter. Die privaten Haushalte feuern überwiegend mit Kohle.

Unsere Microgrammdiskussionen für unser gemeinsames Klima wurden so ad absurdum geführt. Hier wäre der Handlungsbedarf akuter. 

Offensichtlich ist auch die Kluft zwischen Arm und Reich. Ich kam durch Dörfer in denen die Zeit stehengeblieben schien. Sandwege führten auf lange Strecken dort hin. Auf der anderen Seite habe ich Villenviertel gesehen, bei denen die Bewohner der Elbchaussee gestaunt hätten. 

Die erste Nachricht im Fernsehen ging immer um W. Putin. Das erinnerte mich doch an meine Jugend.

Die üblichen Klischees von betrunkenen auf der Strasse oder die chaotischen russischen Fahrer, wie man sie bei Youtube oft sieht, kann ich in keinster Weise bestätigen. Nichts davon habe ich je gesehen oder erlebt.

Meine Angst vor Kriminalität löste sich nach und nach auf. Zu keinem Zeitpunkt habe ich eine gefährliche (kriminelle) Situation gehabt. Nicht Nachts in den Großstädten noch bei Besichtigungen abgelegnerer Stadtteile. Grundsätzlich habe ich als Deutscher freundlichkeit erfahren.


Die Dimensionen dieses Landes sind überwältigend. Die Flüsse haben mich am meisten beeindruckt. Derartige Giganten kann man mit Worten oder Fotos nicht richtig beschreiben bzw. zeigen. Die unendliche Steppe hat durch ihre schiere Größe etwas meditatives. 

Mit einem Motorrad so weit und lange zu fahren ist sicher etwas besonderes. Man ist sehr unmittelbar in der Natur. Jeder Regen, jeder Schneefall, jeder Sandsturm oder die Kälte und Hitze sind direkt am Körper. Keine Karroserie oder Klimanalage regelt etwas. 24 Stunden draussen. Das ist schön aber bisweilen sehr anstrengend.

Der schönste Moment war das Erreichen des Baikalsee‘s. Der gefährlichste Moment war der Sandsturm in der Mongolei. Der mental schwierigste Moment war die Aussicht auf tausende Kilometer Steppenfahrt bei meinem Race. Ich wusste ja was auf mich zukam.

Aber jetzt  ist die Domain www. Baikalbiker.de gerechtfertigt!


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Reine Fahrzeit: 27 Tage

Km:  18002

Reperaturen: ein Simmering, Zusatzscheinwerfer (nach Sturz)

Temperaturen von -8 bis + 31 Grad Celsius

Benzin von 100 Oktan (Russland) bis 82 Oktan (Mongolei)



Danksagung

Allen, die in der Vorbereitung und Durchführung dieser Reise beteiligt waren, möchte ich ganz herzlich danken. Ihr habt mir ein besonderes, prägendes und unvergessliches Erlebnis ermöglicht.